Über 120 Kinder aus Colditz und Umgebung wuseln während der ersten Ferienwoche täglich durch die Gänge und Räume des Bildungs- und Sozialwerkes (BSW) in Tanndorf. An einzelnen Tagen werden es auch gerne nochmal 50 mehr sein. Die Kinder sind an diesen Tagen übrigens Mitarbeiter und das BSW ist ihre Stadt. Es wird gearbeitet, organisiert und diskutiert – ja und dann ist da ja noch die Sache mit den Krux …
Doch der Reihe nach. Der Verein KinderZeit e.V. und das BSW organisieren in der ersten Herbstferienwoche die Kinderspielstadt Colditz. „Wesentlicher Bestandteil des Spiels ist die Arbeit“, stellt Projektleiterin Heike Schüürmann voran. „Nur so kann man Geld verdienen (Krux genannt) und aktiv an der Spielstadt teilnehmen.“ Gearbeitet wird mindestens eine Stunde, dann kann beim Arbeitsamt ein neuer Job aufgenommen werden. Wer mehr leistet, bekommt auch mehr der begehrten Krux-Währung.
Zu den wichtigsten Utensilien gehört der Ausweis, gleichzeitig auch das Nachweisdokument für die geleistete Arbeitszeit. Die Arbeitskarten gelten als Vermittlungsauftrag. „Wenn gerade keine Stelle in einem bestimmten Betrieb frei ist, kann ich nicht dahin vermitteln“, erklärt Yannick (11 Jahre) und schickt Danny in die Metallwerkstatt. Yannick ist an diesem Tag Arbeitsvermittler und sitzt in der als Schaltzentrale eigens aufgebauten „Arbeitsagentur“. Auch Berufsberaterin Angela Dähne unterstützt. Sie ist sich sicher, dass sie in einigen Jahren die Bewerber von morgen in den Beratungsgesprächen wiedertrifft. Vor allem aber ist sie beeindruckt von der Begeisterung, mit der die Jungen und Mädchen dabei sind. „Die Kinderspielstadt ist mal eine komplett andere Berührungsform zur Berufsorientierung. Neben Spiel und Spaß nehmen die Kinder wichtige Eindrücke zur Berufswelt mit – eine wichtige Erfahrung.“
Gleich neben der „Arbeitsagentur“ ist die Bank. Hier können sich die über 120 Mitarbeiter ihre Arbeitsnachweise in Krux auszahlen lassen. „Bank-Mitarbeiter“ Quoc Anh (9 Jahre) hat schon mal gelernt, dass eine Krawatte zum typischen Outfit der männlichen Bankangestellten gehört. Für ein Gespräch hat er aber wenig Zeit – der nächste Kunde verlangt gerade sein Geld.
Was wäre Kids City ohne ein Rathaus? Auch an dieses Detail wurde gedacht. Gleich am ersten Tag ging es dort drunter und drüber, denn es stand die Vorbereitung der Bürgermeisterwahl an. Der designierte Bürgermeister Florian (10 Jahre) und hat schon kräftig die Werbetrommel gerührt. Selbst in der abschließenden Mitarbeiterversammlung am Abschluss des Tages hält er sein Plakat hoch und erhebt nochmals die Stimme. „Ich will eine starke Stadt“, meint der 10-Jährige. Zunächst sollen die Getränkepreise nach unten korrigiert werden. Der spontane Beifall lässt vermuten, dass seine Wahl so gut wie sicher ist. Gegenkandidaten hat Florian übrigens nicht, dafür eine Reihe von Stellvertretern – ein kluger Schachzug.
Projektleiterin Heike Schüürmann strahlt nach dem ersten Tag. Sie braucht auch kein Mikro, wenn sie spricht. Neben klaren Ansagen helfen ihr zwei Finger, mit denen sie im Vorbeigehen kräftig pfeift. Busfahrer Mathias bekam das zu spüren. Er war zu schnell unterwegs, was ihn prompt fünf schwerverdiente Krux kostete.
BSW-Projektkoordinator Ronny Kriz blickt indes auf die mehrmonatige Vorbereitungsphase zurück. So entstanden mehr als 25 Berufsbereiche von Tischlerei über Metallwerkstatt, Gärtnerei, Friseur, Steinmetz, Wachdienst bis zur Wellnessoase. "Ich möchte mich vor allem bei allen Unterstützern bedanken.“ Auch finanzielle Hilfen gab es. Gleich zu Beginn überbrachte der Schülerrat der Sophienschule Colditz eine Spende über 180 €.